Ich sitze auf dem Sofa und sehe mir „The Good Place“, eine Serie über das Leben im Himmel, an. Die Hauptfigur der Serie wundert sich, warum sie dort gelandet ist: Sie hat kein besonders gutes Leben geführt. Der Clou: Es ist ein Irrtum, sie gehört überhaupt nicht dorthin. Die Idee, dass „gute Menschen in den Himmel kommen“, ist weit verbreitet. Kann man sich also den Himmel mit harter Arbeit verdienen, so wie wir Geld verdienen können?
In unserer leistungsorientierten Welt scheint es logisch: Du bekommst das, was Du verdienst. Warum sollte es bei Gott anders sein? Doch genau hier wird es spannend: Unsere Beziehung zu Gott basiert nicht auf dem, was wir leisten können. Vielmehr hat uns Jesus gezeigt, dass wir uns Gottes Nähe nicht verdienen können – egal, wie sehr wir uns anstrengen.
Wenn wir ehrlich sind, wissen wir es tief in unserem Inneren: Trotz aller unserer Anstrengungen, gut zu sein, die Menschen um uns herum zu lieben und Versuchungen zu widerstehen, scheitern wir immer wieder. Wir denken, sagen oder tun Dinge, die uns von Gott trennen. Und das ist der Kern des Problems: Kein Mensch ist vollkommen, und das reicht nicht aus, um vor einem vollkommenen Gott bestehen zu können.
Hier kommt etwas ins Spiel, das alles verändert: Gottes Gnade. Diese ist nicht verdient und nicht erarbeitet, sondern ein Geschenk – völlig unverdient. Durch unsere Sünde sind wir von Gott getrennt, doch seine Gnade überwindet diese Kluft. Schon die frühen Kirchenväter stellten beim Konzil von Orange im Jahr 529 klar: Ohne Gottes Gnade kann kein Mensch gerechtfertigt – also zu einem gerechten Menschen erklärt werden. Später, im 16. Jahrhundert, kam die große Auseinandersetzung mit dem entgegengesetzten Extrem. Die Reformatoren riefen „sola fide“ – allein der Glaube zählt. Doch auch hier setzte die Kirche auf Klarstellung: Ja, der Glaube ist der Schlüssel zur Erlösung, aber der zeigt sich in Taten. Unsere Taten und Werke verdienen uns nicht den Himmel, aber sie beweisen, dass unser Glaube lebendig ist (Konzil von Trient, Dekret über die Rechtfertigung, 1547).
Wenn wir Gott wirklich ernst nehmen, wenn wir ihn als den Herrn unseres Lebens anerkennen, dann wird sich das in unserem Handeln zeigen. Unser Glaube wird sichtbar durch das, was wir tun. Glaube und Werke sind keine Gegensätze. Sie gehören zusammen wie zwei Seiten einer Medaille. Das Samenkorn allein bringt keine sichtbare Frucht, doch wenn es wächst, entstehen Früchte, die zeigen, dass Leben in ihm steckt. So sind unsere guten Werke die Früchte des Glaubens: Sie machen sichtbar, dass Gottes Leben in uns wirkt. Ohne die guten Werke bleibt unser Glaube unsichtbar und leer (vgl. Jakobus 2,14–26).
Hier ist der entscheidende Punkt: Unsere Werke sind keine lästige Pflicht. Sie sind die natürliche Antwort auf Gottes Liebe. Wenn wir wirklich verstehen, was es bedeutet, dass uns Gottes Gnade geschenkt wurde, dann tun wir gute Werke nicht aus Angst oder Pflichtgefühl, sondern aus purer Dankbarkeit. Wir begegnen Gottes Gnade nicht mit Zwang, sondern mit Freude!
Möge unser Leben zu einem lebendigen Zeugnis dafür werden, dass wir durch die Gnade gerettet sind und dass unsere Werke die Frucht eines Glaubens sind, der tief in uns wächst (vgl. Epheser 2,8–10).